Politik
"Wer anderen eine Perspektive geben will, braucht selbst eine Perspektive."
München, 19.09.2017 – Unter diesem Motto begrüßte der Geschäftsführende Vorstand des LVkE den neuen Jugendpolitischen Sprecher der BayernSPD-Landtagsfraktion, Herbert Woerlein, MDL, zu seiner diesjährigen Herbstsitzung, um sich über die brennenden sozialpolitischen Themen, insbesondere die der Erziehungshilfe, auszutauschen.
"Wenn die soziale Balance gestört wird, geht es an die Grundfeste", konstatiert MdL Woerlein, ehemaliger Lehrer und Realschuldirektor. Ihm ist es wichtig, dass niemand in der Gesellschaft auf der Strecke bleibt oder durch das Raster fällt. Stattdessen ist er um Initiativen bemüht, die Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bieten zu mündigen Staatsbürgern zu werden. Wie auch der LVkE sieht Herr Woerlein im Dialog das Entscheidende Instrument, um Verständnis zu erzeugen, Unterstützung zu erhalten und einen Wandel zu bewirken.
Das gemeinsame Gespräch des Geschäftsführenden Vorstands des LVkE mit Herrn Woerlein umfasste die gesamte Bandbreite der Jugend- und Erziehungshilfe. Jeder der Teilnehmenden nutze die Gelegenheit die Themen anzusprechen, die ihm ganz besonders am Herzen lagen. Herr Nunner verdeutlicht allem voran, wie wichtig es ist, die Kinder- und Jugendhilfe, wie auch im speziellen die Erziehungshilfe, nicht ausschließlich als Kostenfaktor zu betrachten, sondern vor allem als sinnvolle Investition für die Gesellschaft. In diesem Zusammenhang betont Herr Mayer die Notwenigkeit einer entsprechenden Haltung des Fachpersonals zur Tätigkeit im Kinder- und Jugendhilfebereich sowie die der Wirkfaktoren und der Nachhaltigkeit. Nicht nur Kosten und Finanzierung waren Teil des Austausches. Weiterhin war Frau Rummel die bundesweite Wohnungsnot, die sich vor allem auch bei jungen Menschen bemerkbar macht und in starkem Zusammenhang mit Jugendarmut steht, ein besonders Anliegen.
Im Mittelpunkt des förderlichen Austausches standen die Entwicklungen der unbegleiteten minderjährigen wie auch der jungen erwachsenen Ausländerinnen und Ausländer. Der Geschäftsführende Vorstand bezog klare Position für eine Standardisierung und regelmäßige Fortführung des Clearing-Verfahrens, um so eine bedarfsgerechte Versorgung garantieren und zeitgleich wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen zu können. Herr Eibl kritisierte die harte Linie der Politik nach außen. Wenn diesen jungen Menschen keine Perspektive erhielten, so würde der innere Frieden gefährdet. Der LVkE sprach sich daher klar für eine Ausweitung der 3+2 Regelung aus. Auch Herr Woerlein ist der Ansicht: "Da steckt die Menschlichkeit in der Bürokratie." Integration umfasst für den LVkE sowohl eine ständige wie auch eine zeitweilige Integration. Viele Geflüchtete erhoffen sich für ihre Zukunft wieder nach Hause zu kommen, für diesen Fall wollen der LVkE und seine Einrichtungen diesen Menschen entsprechendes Rüstzeug an die Hand geben. Einig waren sich der LVkE und Herr Woerlein in der Forderung: Abschiebungen nach Afghanistan umgehend auszusetzen und Jugendhilfekosten bis mindestens 21 Jahre zu gewährleisten.
Zu den weiteren zentralen Themen gehörten die Entwicklungen der SGB VIII Reform. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage inwieweit unter dem Deckmantel der Inklusion ein Spargesetz etabliert werden soll. Aktuell ist zu befürchten, dass unter der derzeitig debattierten Länderöffnungsklausel eine Zwei-Klassen-Jugendhilfe geschaffen wird. "So laufen politische Deals auf dem Rücken junger Menschen.", so Michael Eibl, Vorstandsvorsitzender.
Bei dem derzeit höchst aktuellen Thema der Ombudsstellen, bei denen Kinder, Jugendliche und deren Familie eine unabhängige Anlaufstelle vor allem auch zur Rechtsberatung erhalten sollen, ist Herr Woerlein im Sinne einer modernen Gesellschaft zuversichtlich. Dies wäre auch im Hinblick auf die Erlebnisse der ehemaligen Heimkinder eine besonders wünschenswerte Entwicklung. Ein Expertenkreis des Landesjugendhilfeausschusses erarbeitet derzeit ein Konzept zur Begriffsklärung und dem Aufgabenspektrum einer solchen unabhängigen Ombudsstelle. Der LVkE freut sich über die positiven Entwicklungen und die Unterstützung.
Insgesamt wurde das Gespräch von allen als sehr bereichernd empfunden. Auch in Zukunft sollen Gespräche zwischen Verbänden der Erziehungshilfe und der Politik stattfinden, um wichtige Impulse zu erhalten und gegenseitig von der Erfahrung und der Expertise des anderen zu profitieren.